Stadtarchiv Althofen

Stadtarchiv Althofen am Salzburger Platz

Ausgewählte Archivalien und kleine Beiträge

Moderne Architektur prägte weite Teile des 20. Jahrhunderts,1 und eine der schönsten Umsetzungen dieses Stils in Althofen ist wohl die 1958 eingeweihte Aufbahrungshalle.2

 

Aufbahrungshalle in Althofen
Aufbahrungshalle in Althofen 2023 [Quelle: Stadtarchiv Althofen]

 

Doch was kennzeichnet moderne Architektur, und wie wurde diese an der Leichenhalle umgesetzt?

 

Für Walter Gropius (1883 – 1969), den großen Architekten und Gründer der Kunstschule Bauhaus, waren „neue künstliche, synthetische Baustoffe“, nämlich „Stahl, Beton, Glas“, die Grundlage moderner Architektur, denn sie ermöglichten es, „leichtere, fast schwebende Gebäude zu konstruieren“, wie er 1935 festhielt. Nach Gropius öffnet moderne Architektur „ihre Wände wie Vorhänge und lässt Luft und Licht und Sonnenschein ins Haus“. Der Moderne seien „Stilimitation oder oberflächliche Ornamentik […] fremd“, denn man habe, so der Architekt abschließend, „genug von der willkürlichen Nachahmung historischer Stile“ und gelernt, „das Leben unserer Epoche in reinen, vereinfachten Formen auszudrücken.“3

 

In der Tat unterscheiden gerade die glatten Flächen, also das Fehlen von Ornamenten, die Moderne von den Vorgängerstilen Historismus und Jugendstil. Denn das Ornament sei „nicht mehr der Ausdruck unserer Kultur“, wie es der Architekt Adolf Loos 1908 postulierte – im Gegenteil: „Das Fehlen des Ornamentes hat die übrigen Künste zu ungeahnter Höhe gebracht. Die Symphonien Beethovens wären nie von einem Mann geschrieben worden, der in Seide, Samt und Spitzen daher gehen musste.“ Das Ornament sei „vergeudete Arbeitskraft und dadurch vergeudete Gesundheit.“, so Loos abschließend.4

 

So hatte die Moderne zunächst auch einen „sozialkritischen Anspruch“, versuchte „der sozialen Ungleichheit […] durch Architektur entgegenzutreten“, wollte mit der Tradition einer „Architektur zur Repräsentation der herrschenden Macht“ brechen, wie es der Kulturhistoriker Friesen zusammenfasste. Am Ende führte die Moderne aber aus Friesens Sicht in „einen eindimensionalen, vorwiegend an technisch ökonomischen Vorgaben orientierten Bauwirtschaftsfunktionalismus“, wodurch sie in den 1970ern in die Kritik kam, und die Postmodere an ihre Stelle trat.5

 

Aus der Hochblüte der Moderne stammt die Althofener Aufbahrungshalle von 1958, damlas noch ohne Vordach.6 Die Formensprache ist klar und elegant, die Flächen sind glatt, auf Ornamentik wurde verzichtet. Die Nordwand dominiert ein 3,7 x 3,7 Meter großes Glasfensterbild, das laut Inschrift im Jahr 1956 Otto Bestereimer (1900 – 1967) entwarf; ein Künstler, der „impressionistische Landschaften, Blumenstücke und Stillleben in Öl und Aquarell sowie Fresken“ malte, wir der Kunsthistoriker Wacha zusammenfasste.7 Ausgeführt wurde die Arbeit laut Inschrift vom Glasermeister „Hanns C[arl] Leixl“ aus Klagenfurt.8

 

Glasfenster Aufbahrungshalle in Althofen
Glasfenster der Aufbahrungshalle in Althofen 2023 [Quelle: Stadtarchiv Althofen]

 

Dargestellt ist eine auf einem Stein sitzende Frau mit Schleier und Heiligenschein, zu ihrer Linken ein leeres Steingrab. Hinter ihr schwebt Jesus in weißen Leinenbändern, eine weiße Lanzenfahne mit rotem Kreuz, also die Siegesfahne, haltend. So stellt das Bild wohl jene Szene aus dem Johannesevangelium dar, in der sich Jesus in weißen Gewändern erstmals als von den Toten Auferstandener zeigte, und zwar der Maria aus Magdala, die sich weinend beim leeren Grab befand.9

 

Die Szene ist somit für eine Aufbahrungshalle passend gewählt, zeigt sie doch durch die Darstellung des Sieges über den Tod das zentrale Element des christlichen Glaubens, wie es schon um 54 n. Chr. der Apostel Paulus in seinem Brief an die christliche Gemeinde in Korinth formulierte:10

 

„Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos“.


 

Günther Jannach (April 2023)

Erweiterung Vordach (Jänner 2024)

 

Anmerkungen:
1: Den Beginn der modernen Architektur setzt man nach Friesen 1997 „gewöhnlich“ um 1900 an, ihr Ende in die 1970er Jahre.
2: Laut Gem. Prot., 28. April 1958, Allfälliges setzte man die Einweihung der Leichenhalle für den 8. Juni 1958 fest.
3: Gropius 1935, S. 10 ff.
4: Loos 1908, S. 276 ff.
5: Friesen 1997.
6: Erst im Jahr 2008 wurde laut Gem. Prot., 10. Juni 2008, Pkt. 8 hinsichtlich der Aufbahrungshalle „die Erweiterung durch ein Vordach“ beschlossen.
7: Wacha 1995, S. 227.
8: Die Kärntner Zeitung, 4. August 1933, S. 3 berichtete, dass „Hans Karl Leixl, Glasergeselle, Klagenfurt“ die Meisterprüfung bestanden hatte.
9: Joh. 20, 11 ff.
10: 1 Kor, 15, 13. Nach Wolff 1989, S. 13 hat Paulus diesen Brief „um 54 n. Chr.“ verfasst.

 


Quellen
Gem. Prot. = Stadtgemeinde Althofen: Gemeinderatsprotokolle der Gemeinde Althofen, 1954 ff.
Gropius 1935 = Gropius, W.: Die neue Architektur und das Bauhaus: Grundzüge und Entwicklung einer Konzeption, Berlin 1935/2003.
Kärntner Zeitung = Kärntner Zeitung – Verlag St. Josefs-Verein, Klagenfurt 1894 – 1905.
Loos 1908 = Loos, A.: Ornament und Verbrechen. Glück, F. (Hg.): Loos, A.: Sämtliche Schriften in zwei Bänden, Bd. 1, Wien / München 1962, S. 276 – 288.


Literatur
Friesen 1997 = Seite Friesen, H.: Von der Moderne zur Postmoderne - Zur Genealogie der Architektur im 20. Jahrhundert. In: Wolkenkuckucksheim – Internationale Zeitschrift zur Theorie der Architektur (www.cloud-cuckoo.net), Heft 2, Bielefeld 1997, URL: https://www.cloud-cuckoo.net/openarchive/wolke/X-positionen/FRIESEN/friesend_t.html, abgerufen April 2023.
Wacha 1995 = Wacha, G.: Saur Verlag (Hg.): Allgemeines Künstlerlexikon – die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Bd. 10, München 1995, 227 f.
Wolff 1989 = Wolff, C.: Der erste Brief des Paulus an die Korinther, Leipzig 1989.

Buchveröffentlichung

 

Im Oktober 2023 veröffentlichten wir unsere ersten zwölf Blogs als 62 Seiten starkes Buch „Matucaium – Beiträge des Stadtarchivs Althofen zur Geschichte Althofens“ beim Verlag Ploder, erhältich um 20 Euro bei Buch-Papier-Basteln-Spielwaren Schöffmann in der Kreuzstraße 24, 9330 Althofen oder bei Günther Jannach unter gjannach@edu.aau.at.

Buchreihe Matucaium

Gnomenbrunnen am Salzburger Platz

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