Stadtarchiv Althofen

Stadtarchiv Althofen am Salzburger Platz

Ausgewählte Archivalien und kleine Beiträge

Unter Berufung auf ein Dokument von 1781 wird die erste Erwähnung einer Schule in Althofen gerne ins Jahr 1428 datiert, obwohl dies aus dem Text wohl nicht abzuleiten ist, wie ein Blick auf diese Quelle und deren Deutung zeigen soll.

 


Plan der VS Althofen (1911) [Quelle: Stadtarchiv Althofen: Slg. Pichler]

 

Zur Quellendeutung

 

Es ist das Wesen geschichtswissenschaftlicher Thesen, dass sie in erster Linie auf Quellen, den sogenannten historischen Fakten beruhen. Quellen sind so benannt, weil sie bildlich den Ursprung des breiten Stroms einer Erkenntnis, der sich dann in der sogenannten wissenschaftlichen Literatur niederschlägt, darstellen.

 

Diese Quellen sprechen aber typischerweise nicht für sich selbst, sondern müssen von der Geschichtswissenschaft erst zu einer Quelle gemacht und gedeutet werden. Eine jahrtausendealte hethitische Tontafel mit keilschriftlicher Inschrift bliebe sonst einfach ein zeit- und raumloser Klumpen Ton ohne Bedeutung. Aber auch bei scheinbar Vertrautem wie dem Anfang des Johannesevangeliums ließ Goethe seinen Faust verzweifeln: „Geschrieben steht: 'Im Anfang war das Wort!'. Hier stock' ich schon! Wer hilft mir weiter fort?“.1 Helfen kann auch hier die Geschichtswissenschaft, die erklärt, dass das Wort „Wort“ wohl die unglücklichste Übersetzung des vieldeutigen, altgriechischen Wortes „logos“ aus dem Urtext darstellt.

 

Deutungen von Quellen ändern sich im Laufe der Zeit. Das liegt manchmal daran, dass sich der Wissenstand durch neue Quellen erweitert hat, manchmal aber auch einfach daran, dass sich die Einstellungen und Vorurteile, mit denen Quellen gedeutet wurden und werden, immer Kinder ihrer Zeit sind. D. h. die Deutung eine Quelle sagt nicht nur etwas über die Quelle selbst aus, sondern lässt auch Rückschlüsse auf Zeit und Ort zu, wann die Deutung entstand. Aus diesem Grund erscheinen immer einmal Artikel mit dem Zusatz „revisited“ oder „ad fontes“ (lat. zu den Quellen), in denen man sich ansieht, ob die Quellenlage (also die Menge an relevanten Quellen) und Quellendeutungen, auf denen bestimmte Thesen beruhen, nach wie vor plausibel sind.

 

Anhand der Behauptung, eine Marktschule wäre in Althofen für das Jahr 1428 bezeugt, soll hier genau eine solche Übung gemacht werden.

 

Der Stiftbrief des Bürgerspitals von 1781

 

Die Heimatforscherin Elfriede Amberger (1905 – 1985) schrieb 1968: „Aus einem Stiftbrief des Bürgerspitals geht hervor, dass der Markt Althofen bereits 1428 eine eigene Marktschule besessen hat“,2 denn, so Amberger im Jahr 1983, „Jörg aus der Vorha bestimmte, dass das Spital für die Belehrung von sechs armen Bürgerkindern aufkommen musste.“3

 

Ein Transkript dieses Stiftbriefs aus dem Jahr 1781 hatte Amberger selbst erstellt,4 und dieses wird heute im Stadtarchiv Althofen verwahrt. In diesem bestätigte Kaiser Joseph II., dass die ihm vom Magistrat als Vorsteher des Bürgerspitals „angezeigten frommen Stiftungen so und in dieser Gestalt […] zu ewigen Weltzeiten fest und unstrittig gehalten werden sollen“. Aus dem Stiftbrief geht weiters hervor, dass dem Magistrat 1781 „ob der Länge der Jahre und wegen erlittener Feuersbrunsten weder das Jahr der Errichtung noch der eigentliche Stifter dieses Spittals“ bekannt waren, man aber aus alten, „sehr unlesbaren Schriften“ einige Stiftungen ermitteln konnte, die älteste von 1428, die wie folgt beschrieben wurde:

 

„Im Jahr 1428, Jorg aus der Vorha und Katharina sein Ehewirtin stiftet dem Spital eine Herberge und tägliche Abspeisung armer Leute, eine Hube bei St. Paul, genannt der Kronfuß, ebenso eine Hube ob St. Paul, ebenso einen Kasten [Getreidekasten?] im oberen Markt, ebenso vier Joch Acker gelegen am Pessen, ebenso Haus und Hofstadtbau und Wiesenmahd, ebenso zwei Joch Acker gelegen unter Hunzdorf bei der Lacken, ebenso ein Joch Acker unter Hunzdorf bei der Wegscheide, wo man gegen Kappel geht; ebenso ein Joch Wiesenmahd gelegen in der oberen Angern, ebenso ein Joch Wiesenmahd unter dem alten Markt beim Garten gelegen“.

 

Anschließend werden die Stiftungen der Dorothea Holfnerin von 1430, des Christian Böltel von 1447, der Anna Pirzlerin von 1457 und des Peter zu Unterburg von 1481 im Text aufgelistet. Danach folgen eine Aufzählung der Schuldbriefe des Spitals sowie eine Liste der Pächter von Äckern und Wiesen des Spitals. Am Ende werden noch Realitäten und Stiftungen aus dem „spittal urbarium“, also dem Abgabenverzeichnis des Spitals gelistet, worunter auch „dieses fromme Werk zum Unterhalt und Spendung der Armen als auch des Schulmeisters zur Belehrung sechs armer Bürgerkinder“ genannt wird.

 

Schlussfolgerungen

 

Aus der Betrachtung der Quelle für Ambergers Thesen kann man nun folgendes ableiten:

 

1. Es besteht meiner Meinung kein Zusammenhang zwischen der Stiftung von 1428 des Jörg von Vorha und der im Spitalsurbarium verzeichneten Stiftung zum Unterhalt eines Schulmeisters, da weder letztere bei der Beschreibung der Stiftung des Jörg von Vorhau erwähnt wird, noch Jörg von Vorhau bei der Auflistung aus dem Spitalsurbarium. Deshalb ist meiner Meinung die Deutung Ambergers dieser Quelle, wonach sie für 1428 eine Schule in Althofen bezeugt, nicht plausibel.

 

2. Bei der Beschäftigung der Quelle fiel mir auf, dass Amberger die Quelle auch als Beleg für das Alter des Bürgerspitals in Althofen heran zog. Denn 1968 schrieb sie: „Das Bürgerspital ging 1428 aus einer Stiftung Jörg von der Vorha und seiner Ehewirtin Katharina […] hervor“.5 Aus meiner Sicht steht aber explizit das Gegenteil in der Quelle, nämlich dass „der eigentliche Stifter dieses Spittals“ nicht ermittelt werden konnte, weshalb Ambergers Deutung der Quelle meiner Meinung deren Inhalt widerspricht.

 

Der erneute Blick auf die Quellen zeigte, dass ein positiver Beleg für eine Schule in Althofen im 15. Jahrhundert fehlt. Da es aber bereits im Hochmittelalter viele Stadt- und Marktschulen in Kärnten gab,6 mag es auch in Althofen eine solche bereits früh gegeben haben. Der erste positive Beleg findet sich aber wohl erst 1553, als in den Althofener Ratsprotokollen „eine Schule beziehungsweise ein Schulmeister“ erwähnt wurde, wie Obersteiner darlegte.7

 

Anmerkungen
1: Goethe 1808.
2: Amberger 1968, S. 15.
3: Amberger u. Rieder 1983, Einleitung. Die These Ambergers fand meiner Meinung ihren Niederschlag in nachfolgenden lokalhistorischen Darstellungen Althofens. So fiel nach Bergmann 2020, S. 220 „die erste Erwähnung der Marktschule [...] wie jene des Bürgerspitals ins Jahr 1428“, nach Worofka 2023, S. 120 gängen „Aufzeichnungen zum Schulwesen in Althofen […] auf die Zeit um 1428 zurück“. Beide Autoren machten zwar keine Quellenangaben, aber für Bergmann 2020, S. 11 waren die Aufzeichnungen Ambergers „eine unverzichtbare Quelle für die Lokalgeschichte“, und Worofka 2023, S. 124 führte Ambergers Artikel in seiner Literaturliste an, weshalb ich annehme, dass die entsprechenden Behauptungen auf Amberger zurückgehen.
4: Stiftbrief d. Bürgerspitals v. 1781 (SAA).
5: Amberger 1968, S. 15.
6: Anhand von Urkunden legte Hermann 1843, S. 492, dass Friesach, Klagenfurt und auch „kleinere[…] Orten Kärntens“ eigene „Lehranstalten mit Schulgebäuden und Stiftungen“ hatten.
7: Obersteiner 1983, S. 298.

 

Quellen und Literatur

 

Amberger u. Rieder 1983 = Amberger, E. / Riegler, E.: Althofen–Treibach in alten Ansichten, Zaltbommel 1983.
Amberger 1968 = Amberger, E.: Althofen. In: Marktgemeinde Althofen (Hg.): Siebenhundert Jahre Markt Althofen, Althofen 1968, S. 9 – 25.
Bergmann 2020 = Bergmann, P.: Althofen in Kärnten, Norderstedt 2020.
Goethe 1808 = Goethe, J.: Faust - Eine Tragödie, Tübingen 1808.
Hermann 1843 = Hermann, H.: Handbuch der Geschichte des Herzogthumes Kärnten, Klagenfurt 1843.
Obersteiner 1983 = Obersteiner, J.: Ein Schulbericht aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts. In: Carinthia I, Klagenfurt 1983, S. 289 – 299.
Stiftbrief d. Bürgerspitals v. 1781 (SAA) = Stadtarchiv Althofen: Stiftbrief des Bürgerspitals, Klagenfurt 12. September 1781 = Stadtarchiv Althofen: Graue Mappe.
Worofka 2023 = Worofka, C.: Althofen – Eine Zeitreise in Bildern. Althofen 2023.

Buchveröffentlichung

 

Im Oktober 2023 veröffentlichten wir unsere ersten zwölf Blogs als 62 Seiten starkes Buch „Matucaium – Beiträge des Stadtarchivs Althofen zur Geschichte Althofens“ beim Verlag Ploder, erhältich um 20 Euro bei Buch-Papier-Basteln-Spielwaren Schöffmann in der Kreuzstraße 24, 9330 Althofen oder bei Günther Jannach unter gjannach@edu.aau.at.

Buchreihe Matucaium

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