Stadtarchiv Althofen

Stadtarchiv Althofen am Salzburger Platz

Ausgewählte Archivalien und kleine Beiträge

1955 machte sich der Kärntner Eberhard Kranzmayer, Sprachwissenschaftler und Vater der Kärntner Ortsnamenforschung, Gedanken über die Bedeutung des antiken Ortsnamen Matucaium; eines Ortes, der in einer um 1200 n. Chr. entstandenen Kopie einer antiken Straßenkarte erwähnt und gemeinhin mit Althofen identifiziert wird.

 

Der Ortsname Matucaium sei, so Kranzmayer, zwar heute verschollen, bestehe aber „wenigstens als Übersetzung“ fort, nämlich im über zehn Kilometer entfernten Ortsnamen Dobritsch. Denn Matucaium habe, wie der Namenforscher meinte, „wenn es sich zu kelt[isch] *mati ‚gut‘ stellt, als slow[enische] Übersetzung das benachbarte Dobritsch ([…] vgl. slow[enisch] dober = gut) neben sich“. Allerdings hielt Kranzmayer an anderer Stelle fest, Dobritsch stelle sich „zu dober ‚gut‘ in Hinblick auf den sl[awischen] Brauch, Passübergänge […] mit Ableitungen von Wörtern für lieb, gern, gut zu bezeichnen“.

 

Nun kann eine mittelalterliche Sitte (die Slawen kamen erst um 600 n. Chr. nach Kärnten) aus meiner Sicht kaum einen antiken, nämlich keltischen Namen wie Matucaium erklären. Dass es sich bei Matucaium überhaupt um einen keltischen Namen handelt, geht auf den Sprachwissenschaftler Alfred Holder zurück, der im alt-celtischen Sprachschatz, seinem um 1900 entstanden Wörterbuch des Keltischen in drei Bänden, Matucaium aus matu-s für Bär und *caio-n für Gehege, eingefriedeter Platz oder Ähnliches zusammensetzte. Der französische Philologe Georges Dottin war der erste, der 1920 in seinem großen Werk über das Gallische, eine der altkeltischen Sprachen, eine Übersetzung für Matucaium anbot: Le Bois-de-l’Ours – Bärenwald. 2007 gaben die französischen Sprachforscher Pierre-Yves Lambert und Georges-Jean Pinault zu Bedenken, dass Matucaium einfach „eingefriedeter Grund einer Person mit Namen Matus“ heißen könnte.1 Und Matus, also Bär als Personennamen ist ja heute noch in den Formen Björn oder Urs beliebt.

 

Für eine Herleitung des Namens Matucaium von Bär / matu-s spricht jedenfalls, dass Matucaium eben Matucaium heißt. Denn Kranzmayers Herleitung von *mati müsste nach keltischen Sprachregeln zur Form Maticaium oder Matocaium führen, was zur Annahme führt, dass der Ort schon zu Beginn falsch geschrieben oder durch mittelalterliche Kopisten verschrieben wurde.

 

Nun sind weder antike Ortstafeln noch offizielle Akten, die den Ort nennen, auf uns gekommen. Was also tun? Theorien oder Thesen in der Geschichte beruhen typischerweise auf historischen Fakten, und, wenn diese als Erklärung nicht ausreichen, auf Annahmen. Zusätzlich gibt es noch die „Theorie der einfachsten Theorie“. Nach dieser Theorie werden Theorien, die weniger Annahmen treffen, um etwas zu erklären, als die plausibleren angesehen. Wendet man nun das sogenannte Ökonomieprinzip (auch Ockhams Rasiermesser genannt) an, das fordert, ohne Not keine Annahmen einer Theorie hinzuzufügen, kann man eine einfachste Theorie erzeugen.

 

Nun ist die Annahme, dass bei den 2.677 überlieferten Ortsnamen der tabula Peutingeriana Verschreibungen vorkommen, sicher plausibel. Eine Annahme aber, dass dies gerade bei Matucaium und da gerade beim u passierte, ist aufgrund von Wahrscheinlichkeiten weniger plausibel. Grundsätzlich ist eine Annahme einer Verschreibung bei Matucaium eine „Annahme ohne Not“, denn der Ortsname lässt sich ja aus dem Keltischen in seiner überlieferten Form erklären. Folgt man dem Ökonomieprinzip, muss man Holders Deutung jener Kranzmayers vorziehen. Das trifft auch auf die Thesen des Straßenbau- und Vermessungsingenieurs Johannes Freutsmiedl und der Kärntner Archäologin Sandra Rutter zu. Freutsmiedl meinte 2005, dass der zweite Teil von Matucaium, also -caium „jedenfalls kein selbständiges Wort“ sein könnte. Für ihn war Matucaium deshalb eine Verschreibung von Matutaium, wodurch der Ort zum Heiligtum der römischen Göttin Matuta würde. Rutter vermutete 2018 eine Verschreibung von Mutacaium, wobei sich das erste Wort vom lateinischen mutatio für Pferdewechselstation ableiten würde.

 

So ist Dottins Deutung, Matucaium heiße Bärenwald, aus meiner Sicht die plausibelste. Und sie passt eigentlich ganz gut zu einem Ort, der der hinter oder vor dem Wolschart liegt. Denn Wolschart bedeutet Wolfswald.

 

Günther Jannach, Feber 2023.


Anmerkungen:
1: Bereits 1948 stand für den Kärntner Archäologen Rudolf Egger der aus einer Inschrift bezeugte Name Matico „allem Anscheine nach in Zusammenhang [mit] Matucaium“, vgl. Egger, R.: Neues aus Kärntens Römerzeit. In: Carinthia I, Klagenfurt 1948, 266-280.


Literatur:
Jannach, G.: Masterarbeit - Matucaium und Beliandrum, Klagenfurt 2022, verfügbar unter https://netlibrary.aau.at/obvukloa/urn/urn:nbn:at:at-ubk:1-43789. = Jannach, G.: Matucaium und Beliandrum, Norderstedt 2022.

Buchveröffentlichung

 

Im Oktober 2023 veröffentlichten wir unsere ersten zwölf Blogs als 62 Seiten starkes Buch „Matucaium – Beiträge des Stadtarchivs Althofen zur Geschichte Althofens“ beim Verlag Ploder, erhältich um 20 Euro bei Buch-Papier-Basteln-Spielwaren Schöffmann in der Kreuzstraße 24, 9330 Althofen oder bei Günther Jannach unter gjannach@edu.aau.ac.at.

Buchreihe Matucaium

Die um 1310 erbaute Burg  Althofen (Fronfeste)

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