Um die Frage zu beantworten, warum Althofen nicht bereits im Mittelalter zur Stadt erhoben wurde, gehen wir zurück ins beginnende 13. Jahrhundert. In dieser Zeit kam es auf dem Gebiet des heutigen Kärntens regelrecht zu einem Boom an Stadtgründungen. Unter anderem weiß man von unseren Nachbarstädten Friesach und St. Veit / Glan, dass sie in dieser Periode bereits als Städte (urbs / civitas / oppidum) bezeichnet wurden (Ersturkundliche Erwähnung von Friesach war 1215, von St. Veit / Glan 1224).
Althofener Marktmauern (Markus Pernhart, 2. Hälfte 19. Jd.)* [Quelle: Wikipedia Commons (commons.wikimedia.org), URL: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Markus_Pernhart_-_Althofen_I.jpg&oldid=608966329]
Althofen hingegen ist erst einige Jahrzehnte später, nämlich 1268 das erste Mal als Markt (forum) urkundlich in Erscheinung getreten. Die Siedlung lag in „Altenmarkt“ (heute Unterer Markt), bevor sie 1307 auf den nahen Bergrücken verlegt wurde und bis zur Stadterhebung im Jahr 1993 ihren rechtlichen Status Markt beibehielt.
Marktsiedlungen entstanden aus Orten, an denen Handel und Gewerbe betrieben wurde und setzten sich damit vom bäuerlichen Umland ab. Üblicherweise entwickelten sich dann aus größeren Märkten allmählich Städte.1
Die Stadt- wie auch die Marktbürger hatten einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Großteil der damaligen Bevölkerung, nämlich die freie Erbleihe. Das bedeutete, dass zwar Grund und Boden den Markt- bzw. Stadtherren gehörte, wofür sie auch einen Burgrechtszins von den Bürgern einhoben. Im Gegenzug konnten die Bürger jedoch frei über ihren Besitz verfügen. Die Bauern waren demgegenüber wesentlich schlechter gestellt, sie konnten willkürlich von den Grundherren ihres Besitzes enteignet werden.2
In Althofen wechselte die Stellung des Grundherrn bis ins 19. Jahrhundert nicht, es blieb durchgehend das Erzbistum von Salzburg Herr über Althofen und seine Umgebung.
Ein weiteres Privileg des Stadtwesens entstand aus dem grundlegenden Wunsch der Menschen nach Selbstbestimmung und gegen das Prinzip der Hörigkeit gegenüber den Grundherren.3
Vor Entstehen der Städte war der Großteil der Bevölkerung Leibeigene der Grundherrschaften (Adelige und geistlichen Institutionen). Städten wie auch Märkten wurde es hingegen ermöglicht, die zumeist niedere Gerichtsbarkeit innerhalb ihres Stadt- bzw. Marktburgfriedes (der Stadt / dem Markt zugehörigen Gebiete) und den darin innewohnenden Menschen frei auszuüben.
Dies geschah, wie wir aus einer Urkunde vom Salzburger Erzbischof Ortolf an die Stadt Gmünd aus 1346 wissen, mit einer Übergangsfrist. So erlangten Unfreie durch einjährige Ansässigkeit, ohne sich etwas zuschulden kommen zu lassen und ohne vom Herrn zurückgefordert zu werden, die Freiheit.4
Die Stadt- und Marktrichter, heute würde man Bürgermeister zu ihnen sagen, wurden alljährlich von den Bürgern frei gewählt. Sie mussten jedoch von den Grundherren in ihrem Amt bestätigt werden. Ihnen zur Seite standen Ratsherren. Neben Streitschlichtungen beglaubigten die Stadt- und Marktrichter die Urkunden mit dem Stadt- bzw. Marktsiegel. Für Althofen ist interessanterweise bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts ein Richter erwähnt.5 Daraus lässt sich schließen, dass der Markt wohl schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung existierte. Das Marktwappen sowie Marktsiegel mit der Inschrift „Sigillum Altenhoffen 1480“ wurden dennoch erst 1479 verliehen.6 Das hohe (Blut)Gericht war, bis es 1458 nach Friesach verlegt wurde, ebenfalls in Althofen ansässig. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Souverän dahinter der Salzburger Erzbischof bzw. als dessen Kärntner Vertreter, der Vizedom zu Friesach, war.7
Um die Städte, wie auch im Fall von Althofen Märkte, wirtschaftlich zu fördern, haben die Grundherren im Laufe der Zeit gewisse Monopole sowie Privilegien verliehen. Für Althofen ist aus dem Jahr 1381 die Bestätigung eines bereits existierenden Eisenniederlagsrechts dokumentiert.8 Damit hatten die Althofener Bürger das ausschließliche Vorrecht, das produzierte Eisen aus Hüttenberg, Lölling und der Mosinz zu erwerben und damit Handel zu treiben.
Es bildete sich infolgedessen neben den Handwerkern und einfachen Händlern eine neue Bürgerschicht: die der Handelsherren. Zudem erhielt der Markt Althofen anteilig Einnahmen aus der Eisenmaut und Eisenwaage.9 Für 1470 ist auch die Verleihung einer (Markt)Freyung für einen bereits bestehenden Jahrmarkt belegt.10 Er zog neben den Bewohnern des Marktes auch Menschen aus dem Umland an und förderte so den Wohlstand seiner Bürger.
Schließlich gab es noch ein auffälliges und weithin sichtbares Merkmal, wodurch sich üblicherweise die mittelalterlichen Städte von Märkten und anderen Siedlungen unterschieden, die Stadtmauer. Sie bot samt ihren Wehrtürmen, Toren, Gräben und Wällen Schutz und half den Bürgern die städtische Ordnung innerhalb der Stadtmauern durchzusetzen. Damit einher ging auch die Verpflichtung der Bürger die Stadt militärisch zu verteidigen. Aus dem Jahr 1525 existiert aus Althofen eine genaue Aufzählung der verfügbaren Waffen und welche Bürger sie zu bedienen hatten.11 Auch die noch heute existierende St. Veiter Trabantengarde geht auf den bürgerlichen Selbstverteidigungswillen zurück.
Der Markt Althofen bekam, obwohl keine Stadt, bereits 1278 das Recht zugesprochen, sich befestigen zu dürfen, und 1307 nahmen die Althofener Bürger diese Herausforderung mit der Hilfe des Erzbischofs an und schufen zu großen Teilen die noch heute eindrucksvoll erhaltene Wehranlage.12 Der Bergfried, den wir heute als Annenturm kennen, stammt zum Beispiel vom Beginn der Marktgründung am Thomasberg.13
Fazit:
Der Markt Althofen hatte ab Beginn des 14. Jahrhunderts mit seiner Befestigung ein Attribut, welches üblicherweise nur Städten zu Teil wurde. Er unterschied sich somit äußerlich nicht von den mittelalterlichen Städten. Außerdem waren die als Kennzeichen einer Stadt erwähnten Merkmale, welche auch auf Althofen zutrafen, zwar für sich allein genommen nicht maßgeblich, bildeten aber in ihrer Gesamtheit das wesentliche Kriterium einer Stadt.14
Ob seiner wirtschaftlichen Bedeutung und Größe wäre die Bezeichnung Althofens als Stadt auch schon im Mittelalter gerechtfertigt gewesen. So wurden im ausgehenden 13. und 14. Jahrhundert verstärkt von Grafen- oder Ministerialiengeschlechtern als Grundherren die Mittelpunkte ihrer Herrschaften befestigt und als Städte genannt, obwohl sie durchwegs Orte unter 1.000 Einwohner waren.15
Die im Falle Althofens ausbleibende Nennung als Stadt dürfte auch mit seinen Grundherren zusammenhängen. Die Salzburger Erzbischöfe hatten über Jahrhunderte hinweg klar Friesach als ihren Mittelpunkt innerhalb der Kärntner Besitztümer bevorzugt und es zu ihrer Residenzstadt erklärt. Durch die Nähe der beiden Salzburger Besitzungen Friesach und Althofen zueinander gab es für die Erzbischöfe schlichtweg keine Notwendigkeit den Markt Althofen die Bedeutung einer Stadt zu Teil werden zu lassen, da das naheliegende Friesach im Hochmittelalter bereits die bedeutendste Stadt im heutigen Kärnten war, und es somit keiner weitere Machtdemonstration in diesem Gebiet bedurfte. De facto machte es auch keinen Unterschied, weder für die Salzburger Erzbischöfe als Grundherren noch für die Althofener Bürger, entscheidend für den Wohlstand und die Prosperität Althofens waren vielmehr die zugesprochenen Privilegien wie das Eisenniederlags- und die Jahrmarktrechte.
Mit dem Ende des Mittelalters kommt es zu einem sichtlichen Rückgang von Stadtwerdungen. In den folgenden Jahrhunderten der Neuzeit fehlen sie in den österreichischen Ländern überhaupt. Erst im 19. Jahrhundert kam es zu einer Wiederbelebung. Diese Epoche kann man jedoch als mehr „Zeitalter der Markterhebungen“ bezeichnen. Viele Orte wurden von ihren Grundherren mit Marktrechten sowie zentralörtlichen Funktionen ausgestattet und gezielt gefördert.16
Erst 1930, anlässlich des 10. Jahrestages des Kärntner Abwehrkampfes, erfolgten mit Spittal / Drau, Feldkirchen, Ferlach und Hermagor wieder Stadterhebungen in Kärnten. Die letzte Stadterhebung Kärntens (Radenthein) fand schließlich 1995 statt.
Althofen ist somit trotz der langen Geschichte seines Gemeinwesens die zweitjüngste Stadt Kärntens.
Stefan Kraßnitzer (Feber 2024)
Anmerkungen
1: Fräss-Ehrfeld, C.: Geschichte Kärntens – Das Mittelalter, Klagenfurt 1984, S.283.
2: Fräss-Ehrfeld, C.: Geschichte Kärntens – Das Mittelalter, Klagenfurt 1984, S. 283.
3: Moser, C: (Hg.): Seite „Leben-im-Mittelalter.net“, URL: Leben-im-Mittelalter.net, abgerufen Jänner 2023.
4: Glanznig, M.: Das Stadtrecht von Friesach für Gmünd im Jahr 1346, Dezember 2023, URL: https://gminfo.at/articles/stadtrecht-gmuend-1346/, abgerufen Jänner 2023.
5: Fräss-Ehrfeld, C.: Geschichte Kärntens – Das Mittelalter, Klagenfurt 1984, S. 274
6: Amberger, E.: Althofen. In: Marktgemeinde Althofen (Hg.): Siebenhundert Jahre Markt Althofen, Althofen 1968, S. 12.
7: Bergmann, P.: Althofen – Geschichte und Geschichten, Norderstadt 2020, S.175.
8: Münichsdorfer, F.: Geschichte des uralten Hüttenberger Erzberges, Klagenfurt 1870, Anhang 3.
9: Amberger, E.: Althofen. In: Marktgemeinde Althofen (Hg.): Siebenhundert Jahre Markt Althofen, Althofen 1968, S. 12.
10: Wießner, H. (Hg.): Monumenta Historica Ducatus Carinthiae, IX, Klagenfurt 1972, Nr. 427.
11: Bergmann, P.: Althofen – Geschichte und Geschichten, Norderstadt 2020, S. 248.
12: Bergmann, P.: Althofen – Geschichte und Geschichten, Norderstadt 2020, S. 50 ff.
13: Jannach, G.: Funktion und Entstehungszeit des Annenturms, Althofen 2023, URL: https://stadtarchiv-althofen.at/Annenturm, abgerufen Jänner 2024.
14: Fräss-Ehrfeld in Geschichte Kärntens, das Mittelalter, S. 284
15: Pötsch, J.: 650 Jahre Stadt St. Andrä im Lavanttal, St. Andrä 1989., S.25.
16: Pötsch, J.: 650 Jahre Stadt St. Andrä im Lavanttal, St. Andrä 1989., S. 26.
*: Das Bild entstand zwischen 1849, da es den Zinnenturm des Schlosses zeigt, der laut Bacher, E. et al.: Dehio – Handbuch Kärnten, Wien 2001, S. 16 in eben diesem Jahr fertiggestellt wurde, und dem Tod Pernharts im Jahr 1871.